Nachhaltigkeit - ein spannungsreiches Thema

An unserem Brunch im Mai 2022 beschäftigten wir uns mit dem Thema “Nachhaltigkeit”. Hier einige der biblischen Gedanken, die Cordula Lindörfer dazu zusammengefasst hat.

Dieses Thema ist komplex und spannungsvoll. Es gibt hier keine einfachen Lösungen.

Denn zwei Sachen weiß ich:

-       Es ist ein Privileg in Deutschland zu leben.

Statistisch gesehen, ist es ein Lotteriegewinn, dass ich in Deutschland lebe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich eigentlich schlechter gebildet, mehr Kinder, und jetzt schon älter bin als meine Lebenserwartung, ist sehr hoch.

Ich konnte mir das nicht aussuchen. Dieses Leben hier ist ein Geschenk. In der Bibel lese ich, dass Gott mir dieses Schicksal zugedacht hat.

„Du sahst mich schon fertig, als ich noch ungeformt war. Im Voraus hast du alles aufgeschrieben; jeder meiner Tage war schon vorgezeichnet, noch ehe der erste begann.“ Psalm 139, 16

Jedes Privileg zieht aber auch eine Verantwortung mit sich:

„Wem viel gegeben worden ist, von dem wird auch viel verlangt. Je mehr einem Menschen anvertraut wird, desto mehr wird von ihm gefordert.“ Lukas 12,48

-       Zum Beispiel war Gottes Auftrag ganz am Anfang an Adam, stellvertretend für alle Menschen: „Er übertrug ihm die Aufgabe den Garten zu pflegen und zu schützen.“ Gen. 2,15 Das ist der Naturaspekt der Verantwortung.

-       Und Gott gibt uns auch eine Verantwortung ihm gegenüber und unseren Mitmenschen: Auf die Frage, was das wichtigste Gebot ist, antwortet Jesus: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit deinem Ganzen Verstand! Das ist das größte und wichtigste Gebot. Aber gleich wichtig ist ein zweites: Liebe deinen Mitmenschen, wie dich selbst.“

Diese zwei Aspekte deuten auf die Kernherausforderungen, die die 17 Nachhhaltigkeitsziele lösen wollen. Wenn wir diese zwei Aspekte umsetzen, setzen wir alle 17 Ziele um. Das Problem ist ja, dass wir zum einen die Natur aus dem Blick verloren haben. Unser Essen kommt aus dem Supermarkt und ob es viel oder wenig regnet hat – in unserer Wahrnehmung – erstmal keinen Einfluss auf unsere Nahrungsversorgung. Wenn ich Hühner im Hof hätte, und das Schwein, das ich esse, selber schlachten würde, ein Feld hätte, dass mir Nahrung liefert, wäre mir der Aspekt schützen und pflegen der Natur viel näher. Weil ich den direkten Zusammenhang zu dem Essen auf meinem Tisch sehe. Das ist uns durch Industrialisierung und Globalisierung verloren gegangen.

Ebenso fehlen uns die Bezüge zu den Menschen, die Dinge für uns produzieren. Früher war der Schuster im Ort, heute werden meine Schuhe in einer asiatischen Fabrik genäht, die ich nie sehen werden. Früher traf die Schneiderin auf dem Markt, heute sitzt sie ähnlich weit weg, wie der Schuhersteller. Aus den Augen, aus dem Sinn – so ist es bei uns Menschen.

Wenn wir also unsere Kernverantwortung, die uns Gott gegeben hat, wahrnehmen wollen, brauchen wir Strategien, um die Menschen zu sehen, die in den Herstellungsketten unseres Konsums hängen und die Natur wahrnehmen, die uns den Teller füllt. Mein Handeln beeinflusst ihr Leben.

 

So viel zum Privileg und der Verantwortung, die das mit sich zieht.

Ein zweites weiß ich aber auch, wenn ich die Bibel lese.

-       Diese Welt ist kaputt

Die Schöpfung, so perfekt und genial sie ist, ist der Vergänglichkeit ausgesetzt. Schon vor 2000 Jahren schrieb man in der Bibel: „Denn alles Geschaffene ist der Sinnlosigkeit ausgeliefert, versklavt an die Vergänglichkeit und das nicht durch eigene Schuld, sondern weil Gott es so verfügt hat. Er gab aber seinen Geschöpfen die Hoffnung, dass auch sie eines Tages von der Versklavung an die Vergänglichkeit befreit werden und teilhaben an der unvergänglichen Herrlichkeit, die Gott seinen Kindern schenkt.“ Römer 8, 19ff

Gott wird – so die biblische Erzählung – einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Wie das sein wird – keine Ahnung. Aber, das bedeutet, wir können die Welt ist nicht retten. Das klingt erstmal enttäuschend. Aber den Realisten unter uns macht es vielleicht auch Mut. Denn Gott wird sie retten.

Und auch wir spüren die Auswirkungen der kaputten Welt. Denn eigentlich wissen wir seit Jahrtausenden, was unser Auftrag ist – die Schöpfung bewahren, den nächsten lieben. Würden wir das umsetzen – durchbuchstabieren für die jeweilige Epoche und ihre Herausforderungen, wäre es nicht so schlimm um uns bestellt. Aber ich lgaube jeder von uns stellt bei allem Idealismus auch fest: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“. Römer 7,21.  Mal eben schnell die Welt retten, das schaffe ich nicht. Das überfordert mich. Und überhaupt lässt sich niemand und nichts durch gute Taten retten. Und deswegen hat Gott sich auch einen eigenen Rettungsplan für die Welt und uns ausgedacht. Jesus hat das übernommen. Er befreit uns, von unserem egoistischen Handeln. Und er erlöst irgendwann diese Welt von uns und der Vergänglichkeit und schafft eine neue.

 

In diesem Spannungsbogen gestaltet sich mein Handeln. Denn handeln sollen wir ja. Wir sollen nicht tatenlos und geschockt zusehen. Sondern unser Auftrag ist aktiv zu gestalten. Das Spuren hinterlassen. Lieben. Bewirtschaften. Prägen. Verändern. Gott wird uns auch danach fragen, wie wir gehandelt haben.

Hier mal ein Vorschlag meinerseits – auch eine Spannung:

Ich hab eine tiefe Sehnsucht da zu sein, wo Gott ist. Und er sagt über sich selbst:

„Ich wohne in der Höhe, in unnahbarer Heiligkeit. Aber ich wohne auch bei den Gedemütigten und Verzagten, ich gebe ihnen Hoffnung und neuen Mut.“ Jesaja 57,15

D.h. er ist

-       Bei den Familien die sich und ihre Kinder nicht ernähren können, weil es in ihrem Land seit 3 Jahren nicht geregnet hat, aufgrund des hohen CO2 Ausstoßes der Fabriken, die meine Konsumlust stillen.

-       Bei den Näherinnen im Hinterhof einer asiatischen Fabrik die für einen Hungerlohn die neuste Mode herstellen, nach der sich mein Herz sehnt, wenn ich durch die Schaufenster bummle

-       Bei den Kindern, die im Bergwerk nach Rohstoffen schürfen müssen, für das Handy, das ich mir alle zwei Jahre neu kaufen möchte

Wenn ich auf Gott schaue, dann sehe ich diese Menschen. Sein Herzschlag ist bei ihnen. Der Blick auf Jesus, so wie er ist, richtet meinen Blick auf die Ärmsten und Verlorenen dieser Welt.

Und:

Ich nehme wahr: Gott hat mir dieses Leben hier geschenkt. Und ja, wenn man etwas geschenkt bekommt, hat man mehr als der andere. D.h. aber nicht, dass man das Geschenk nicht genießen darf. Wie schrecklich wäre es, was für eine Verschwendung, wenn ich das Geschenk dieses Lebens hier in Deutschland nicht auspacken und genießen würde. Wer hätte etwas davon? Wäre es nicht sogar eine Beleidigung gegenüber dem Geber, gegenüber Gott? Ja, es ist ein Privileg hier zu leben, ja wir leben im Überfluss. Das darf ich genießen – wie ein überraschendes, unerwartetes, unverdientes Geschenk.