Frieden #6: Unterm Teppich?

Zack, zack und weg damit. Schnell kehrt sie den Dreckhaufen unter den Teppich. Schon sieht wieder alles gut aus. Und es war kein großer Aufwand. 

Das tut sie wieder. Und immer wieder. 

Statt den Staubsauger aus der Abstellkammer zu holen und allen Dreck richtig zu beseitigen, entscheidet sie sich für die schnelle Variante: Teppich hoch und Ordnung wieder hergestellt. 

Doch irgendwann stolpert sie über ihre eigene Methode. Der Dreck ist nicht beseitigt, sondern er wächst. Zunächst im Verborgenen, doch bald unübersehbar als Beule unter dem Teppich. Und als es schließlich jemand wagt, den Teppich kurz anzuheben, kommt alles zum Vorschein. Jeder kleine Krümel. Jede Staubfluse. Eigentlich Winzigkeiten, doch nun, so gesammelt und plötzlich freigelassen, werden sie zu einer richtigen Dreckbombe. 

Manchmal verwechseln wir Harmonie mit Frieden. Wir sagen nichts, um des lieben Friedens willen. Aber eigentlich vertuschen wir damit unsere Angst vor Konflikten. Oder unsere Unfähigkeit, gut zu streiten. Wir kehren unsere Wünsche und Bedürfnisse unter den Teppich. Aber so einfach verschwinden sie nicht. Irgendwann tauchen sie geballt wieder auf. Und dann haben wir einen riesen Konflikt. Harmonie ist ein trügerischer Frieden. Immer mit allen in Harmonie zu leben, bleibt ein romantischer Traum. Sowohl auf der Weltbühne, als auch am Küchentisch zu Hause. 

Das Leben ist voller Konflikte. Aber die Entscheidung aller beteiligten Parteien, diese Konflikte fair lösen zu wollen, ist der Anfang von echtem Frieden. Das klingt doch machbar, oder? Jeder Krümel für sich. Immer wieder aufs Neue. Mit Verständnis und Vergebung für mein Gegenüber und Mut und Bewusstsein für mich selbst. Ich wünschen ihnen diesen echten Frieden.

 

Cordula Lindörfer, StartUp Kirche Eisenach