Tim und der Spaß mit dem Gruseln

Tim hat so richtig Spaß an Halloween. Es ist sein liebstes Fest. Denn dann bekommt er endlich mal dafür Applaus, wofür er das ganze Jahr Ärger bekommt. Tim ist nämlich richtig gut darin, andere zu erschrecken. Wenn seine Schwester Maja in ihrem Einhornbuch vertieft ist, wirft er manchmal eine Decke über sie und kitzelt sie durch. Einmal hat sich Maja so erschrocken, dass sie sich vor Schreck eingepullert hat. Man, das gab Ärger mit seinen Eltern.

Als die Erstklässler nach dem Sommer so schüchtern auf dem Schulhof rumstanden, hat Tim ihnen erzählt, dass in dem Raum, in dem die Bälle und Spielgeräte für die Pause liegen, schon öfter Kinder verschwunden sind, und nie wieder gekehrt sind. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie ängstigend das für die Erstklässler ist. Tim beobachtet sie dann immer – wie sie gern Fußball spielen wollen, sich aber nicht in den Raum trauen. Der kleine Franz hat neulich sogar deswegen geweint. Als die Lehrerin den Grund herausbekommen hat, oh man, da hat Tim Ärger bekommen.

Aber an Halloween ist das anders. Da ist es erwünscht, dass Tim alle zum Gruseln bringt. Seine Lehrerin hat ihn sogar gebeten, sich eine Gruselaktion für die Halloweenparty zu überlegen. Und es ist ja auf jeden Fall klar, dass er den Preis für das gruseligste Kostüm gewinnt.

Neulich allerdings, hat Tim sich selbst so richtig gegruselt. Mittwochs geht er immer mit seinen Fußball Kameraden vom Training nach Hause. Plötzlich sagt Paul zu ihm: „Traust du dir, was richtig Gruseliges zu machen?“

„Na klar“ hat Tim sofort geantwortet. Was für eine dumme Frage.

Doch dann hat Paul folgendes vorgeschlagen: „Wenn wir jetzt gleich nach Hause gehen, dann gehst du nicht auf der Straße um den Friedhof herum, sondern durch den Friedhof hindurch. Dort ist gerade ein offenes Grab. Das wurde frisch ausgehoben. Und du machst ein Foto davon und schaust nach, ob es da drin Geister gibt. Wir treffen dich dann am anderen Ausgang vom Friedhof. Na, traust du dich?“

Oh man, das war ja ein krasser Vorschlag. Das hätte er Paul gar nicht zugetraut. Denn klar erschreckt Tim gern andere und hat Spaß daran zu sehen, wie die sich gruseln. Aber er selbst gruselt sich eigentlich nicht gern. Und Friedhof, allein, im Dunkeln? Am liebsten würde er nein sagen. Aber dann wäre ja sein Ruf dahin. Oh man, wie alle über ihn lästern würden. Er muss es machen.

„Also gut. Ich mach euch das Foto. Aber wehe ihr heult dann rum, wenn da ein echtes Gespenst drauf ist.“

Seine Fussballfreunde waren ganz aufgeregt. „Wow, der macht das echt. Krasser Typ.“ Und Tim biegt ab. Er öffnet das Friedhofstor – es quietscht. Dann fällt es scheppernd hinter ihm wieder zu. Seine Freunde laufen schnell weiter. Nun ist Tim allein. Er geht den Hauptweg entlang. Zum Glück gibt es Straßenlaternen hier. Aber sie erhellen nur den Weg – dahinter, wo die Gräber sind, ist es dunkel. Da vorne sieht er schon das offene Grab. Tim will am liebsten wegrennen. Er hat richtig Schiss. Es kitzelt in seinem Bauch und seine Knie schlottern.

Plötzlich spürt er eine Hand auf seiner Schulter: „Was machst du denn hier?“

Tim schreit auf: „Ah. Hilfe! Bitte - tu mir nichts.“ Er dreht sich um und sieht den alten Pfarrer Schmidt.

„Oh man, haben Sie mich erschreckt.“ Sagt er richtig erleichtert. „Ich dachte schon, Sie wären…“ weiter kam er nicht. Es kam ihm dann doch ein wenig albern vor von Geistern zu reden.

„Das tut mir leid, das wollte ich nicht.“ sagte Pfarrer Schmidt. „Aber du sahst so verängstigt aus hier allein im Dunkeln auf dem Friedhof. Hast du dich verlaufen oder was machst du hier?“

„Äh, nicht so richtig verlaufen. Also, äh…“ Tim traut sich nicht richtig raus mit der Sprache.

Pfarrer Schmidt lächelt wissend: „Ah ich verstehe. Kleine Mutprobe?“

Tim nickt.

„Was solltest du denn machen?“

„Das offene Grab fotografieren und schauen, ob da Geister drin sind.“

„Oh, das ist wirklich eine Mutprobe. Und traust du dich?“

„Ich weiß nicht – darf ich denn?“

„Na klar, warum nicht. Sollen wir zusammen gehen?“

„Oh ja, das wäre klasse.“ Tim ist richtig erleichtert. So kommt er doch an sein Foto, ist aber nicht allein.

Zusammen gehen sie zum Grab. Es ist einfach leer. Ein riesengroßes leeres Loch.

„Und siehst du Geister?“ fragt der Pfarrer.

„Äh nee. Sie?“

„Nö, ich seh‘ auch keine.“

„Haben Sie manchmal Angst, wenn Sie so an den Gräbern sind oder auf dem Friedhof? Ich glaub, ich könnte das nicht, so zwischen all den Toten.“

„Hm, weißt du, ich kenn jemand, der ist stärker als der Tod. Er hat ihn mal besiegt. Das ist Jesus, der Sohn von Gott. Als er hier ne Zeitlang als Mensch auf der Erde lebte, ist er auch gestorben. Und wurde beerdigt. Aber er ist wieder lebendig geworden. Hunderte von Menschen haben ihn gesehen. Er hat dem Tod ein Schnippchen geschlagen. Damit hat er gezeigt, dass er stärker ist, als alle bösen Mächte und auch stärker als der Tod.

Wenn ich mal Angst bekomme, dann ruf ich einfach nach Jesus. Er nimmt mir die Angst. Er gibt mir Mut. Kannst du auch mal ausprobieren. Nichts ist so schlimm, als dass Jesus nicht helfen könnte.“

„Boah. Das ist ja stark.“

„So und jetzt mach mal dein Foto – deine Freunde warten sicher schon.“

Tim schießt schnell ein Foto. Auch von dem Grabstein, der davorsteht. Darauf steht: „Jesus sagt: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“

Dann geht er zum anderen Ausgang, wo seine Fußballkameraden schon auf ihn warten. Als sie ihn sehen, grölen sie erleichtert: „Alter, Tim, wir dachten schon du bist ins Grab gefallen.“

„Oder die Geister hätten dich geholt.“

„Hast du das Foto gemacht?“

„Na klar, war doch easy“ will Tim ganz cool antworten. Aber dann denkt er an Pfarrer Schmidt und sagt: „Ganz ehrlich – ich hätte mir fast in die Hose gemacht. Zum Glück kam der Pfarrer vorbei, sonst hätte ich es mich nicht getraut. Aber er war so cool. Er hat keine Angst, weil er an Jesus glaubt. Schaut mal das Foto. Keine Geister zu sehen.“

Die Jungs jubelten und grölten. „Das hätte ich mich nie getraut. Tim, du coole Socke.“

Tim lacht mit. Aber so richtig Spaß hat ihm die Aktion nicht gemacht. Oh man, vielleicht suche ich mir noch ein anderes Hobby, denkt er. „Wenn man sich so richtig gruselt, ist das gar kein so schönes Gefühl.“